Felssturzmonitoring im Hochgebirge – Mit Messtechnik der Naturgefahr auf der Spur

Felssturzmonitoring im Hochgebirge – Mit Messtechnik der Naturgefahr auf der Spur

Felssturzmonitoring im Hochgebirge – Mit Messtechnik der Naturgefahr auf der Spur

Das Hochgebirge stellt einige Herausforderungen an die Messtechnik. Damit das innovative Früherkennungssystem für Fels- und Bergstürze auch während schwieriger Verhältnisse funktioniert, bedarf es einiger Vorbereitung. Serge Mattli, Projektleiter, war im Aletschgebiet unterwegs, um die Gerätschaften winterfit zu machen und gewährt und einen Einblick in die herausfordernde Tätigkeit.

Echte Früherkennung von Berg- und Felsstürzen

Das Thema Felssturz ist spätestens seit dem Bergsturz im August 2017 am Piz Cengalo oberhalb von Bondo schweizweit bekannt. Aufgrund des Klimawandels und der damit verbundenen Permafrost-Problematik wird erwartet, dass sich solche Ereignisse in Zukunft häufen. Die überraschenden Felsstürze, die immer wieder vorkommen, zeigen, dass die meisten Gefahrenherde für Mensch und Infrastruktur unbekannt sind. Mit bestehenden Messsystemen wäre es entweder unmöglich oder nicht verhältnismässig, alle diese zu erkennen, geschweige denn wirklich frühzeitig. Mit dem Mikroseismischen Monitoring System der beiden Firmen GEO Explorers und der inNET Monitoring AG können grosse Gebiete einfach und verhältnismässig kostengünstig vermessen werden. Die Technik erlaubt eine echte Früherkennung von Fels- und Bergstürzen.

Standort Aletschgletscher

Zwischen Aletschgletscher und Station Moosfluh der Aletschbahnen kommt es seit Jahren zu Destabilisierungen im Fels. Diese haben sich in letzter Zeit drastisch beschleunigt. Im unteren Bereich bewegt sich der Hang um bis zu 60 mm pro Tag. Die Destabilisierungen sind hinsichtlich ihrer Grösse, ihres Ausmasses und der Art der verschiedenen Prozesse einzigartig. Ein perfekter Ort also für einen mehrjährigen Versuch mit dem neuen Früherkennungssystem für Fels- und Bergstürze. Die bisherigen Resultate sind sehr vielversprechend.

Herausforderungen im Hochgebirge

Die Messungen sind nun schon über ein Jahr in Betrieb. Aktuell wurden Vorbereitungen getroffen, um für die Herausforderungen des bevorstehenden Winters gewappnet zu sein. Die mikroseismischen Messsysteme befinden sich abseits der Zivilisation und sind auf eine eigene Spannungsversorgung sowie eine autonome Datenübertragung angewiesen.

Angesprochen auf die Herausforderungen im Hochgebirge meint Serge Mattli: «Die Messsysteme sind aufgrund der Lawinensituation im Winter teilweise über mehrere Monate nicht erreichbar. Dadurch ist es entscheidend, dass die Spannungsversorgung und die Datenübertragung auch bei grossen Schneemengen funktioniert. Aus finanziellen Gründen war es nicht möglich eine hybride (bspw. Solar/Brennstoffzelle) Lösung für die Spannungsversorgung zu installieren. Der letzte strenge Winter hat uns aufgezeigt, dass wir die Solarpanels noch versetzen, respektive höherstellen müssen, um die Spannungsversorgung auch über den Winter zu gewährleisten. Des Weiteren ist die Netzabdeckung nicht an allen Stationen gut – um nicht sogar zu sagen schlecht. Dass wir die Daten zu uns in die Datenbank bringen, benötigen wir Antennen mit einem grossen Gewinn und eine entsprechende Installation der Antennen. Dank unserer neuen Lösung bringen wir nun auch die sehr grosse Datenmenge von 40 GB/Tag und Station in unsere Datenbank.»

Solarpanel Sommer
Solarpanel Winter

Technischer Exkurs: Welche Ziele werden mit den Messungen verfolgt?

Das System liefert zahlreiche Informationen rund um die Naturgefahr Fels- und Bergsturz. Kurz zusammengefasst sind es die folgenden Punkte:

  • Zeitlich lückenloses und permanentes Messen der seismischen Aktivität im Untersuchungsgebiet zwischen Aletschgletscher und Station Moosfluh (Untersuchungsgebiet >2 Quadratkilometer)
  • Quantifizierung der seismischen Aktivität und Abschätzung des Gefährdungspotentials
  • Lokalisierung der (Mikro-)Erdbeben und dreidimensionale Darstellung der Hangdestabilisierungen
  • Aufzeigen der zeitlichen Entwicklung der räumlichen Veränderung und Aktivitätsrate der Destabilisierung im Untergrund
  • Charakterisierung der Destabilisierungen (z.B. Mechanismen, Bruchausdehnung, Bruchorientierung, Tiefenlage, Entwicklung)
  • Korrelation der Destabilisierungen mit Wetterdaten (Niederschlag, Schneeschmelze, Temperatur)
  • Abhängig von der Datenübertragung: Automatisierte Überwachung der seismischen Aktivitäten zumindest mit einzelnen Stationen in Echtzeit
  • Frühzeitiges Erkennen von sich neu entwickelnden und unbekannten Destabilisierungen
  • Fernziel: Entwicklung eines Frühwarnsystems für Felsstürze

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